We are happy to see Biofaction’s film production ‘Synthetic Biology in Europe’ featured and reviewed on SciViews recently:

Screen shot 2015-11-16 at 10.15.27

 

Find below review (in German) as seen on SciViews:

Ingenieure und der Baukasten der Zelle

Die synthetische Biologie befasst sich damit, wie man biologische Zellen plant und konstruiert – und lässt im ersten Moment an Dr. Frankenstein denken. Eine halbstündige Online-Doku stellt fünf außergewöhnliche Projekte in Europa vor.

Von der SciViews-Autorin Gabi Monath

Wie erklärt ein Vertreter der synthetischen Biologie, was er genau tut? Ein treffender Vergleich fällt in diesem Video: Johannes Gutenberg erfand den Buchdruck mit beweglichen Lettern und druckte die Bibel – aber er hat sie nicht verfasst. Ähnlich arbeiten die Wissenschaftler, die sich dieser noch jungen Disziplin der Biologie widmen. Sie suchen nach neuen Anwendungen für die vielen Bausteine im Baukasten der Zelle. Aber sie nutzen dabei nur das vielfältige Repertoire, das die Natur schon bereitgestellt hat, und ergänzen es gegebenenfalls.

Dieser mit Hilfe von EU-Geldern zustande gekommene halbstündige Film einer Wiener Agentur für Wissenschaftskommunikation, Biofaction, hat sich auf die Spuren von Forschern in ganz Europa begeben. Er versucht herauszufinden, wie sie bei ihrer Arbeit vorgehen. Biofaction-Gründer Markus Schmidt führte dafür Interviews mit den Wissenschaftlern und gewann Einblicke in ihre Labore und Forschungsprojekte. Und fragte sie danach, ob sie tatsächlich die Natur ersetzen wollen, wie mancher argwöhnt.

Der Film bleibt spannend bis zum Ende. Interessant ist vor allem der Einblick in den Alltag und die Denkweise der Forscher: Es sind keine Dr. Frankensteins, sondern Wissenschaftler, die den wissenschaftlichen Horizont auf unterschiedliche Weisen erweitern wollen. Der niederländische Forscher Oscar Kuipers drückt es im Video so aus: Wenn man etwas erforscht, weiß man nie genau, was man finden wird. Wenn wir aufhören, die Genome zu analysieren und damit zu experimentieren, werden wir auch viel Wissen verpassen, das nützlich für uns sein könnte.

Nanozellen als Fabriken

Daniel Müller von der ETH Zürich sagt, er sehe das Leben mit den Augen eines Ingenieurs: Die Zelle ist demzufolge eine große Fabrik, in der Proteine definierte Produkte herstellen können. Er und sein Kollege Sven Panke versuchen, diesen Umstand für die pharmazeutische und chemische Industrie zu nutzen. Müller arbeitet mit Nanozellen – das sind winzige Kügelchen mit einer Lipidhülle, die realen Zellen ähneln. Damit diese Zellen bestimmte Stoffe produzieren, bestückt er sie mit Enzymen in verschiedenen Kombinationen. Die Enzyme hat die Evolution bereits entwickelt, die Arbeit der Forscher ist es nun, die passenden auszuwählen und Techniken zu entwickeln, sie in den Nanozellen zur Zusammenarbeit zu bewegen.

Antibiotika als neue Kombinationen

Dieser Gedanke kommt im Film immer wieder vor: bereits Existierendes neu zu kombinieren. Denn so macht es auch die Natur selbst: Bakterien beispielsweise kombinieren ihre DNA-Bausteine neu, verändern ihre Eigenschaften und werden so resistent gegen gängige Medikamente. Oscar Kuipers und Alexander Friedrich von der Universität Groningen in den Niederlanden haben diese Idee ebenfalls aufgegriffen. Sie arbeiten mit einer Gruppe antimikrobieller Peptide, den Lantibiotika. Die darin enthaltenen Ringstrukturen setzen sie im Reagenzglas zu neuen Varianten zusammen. So entstehen neue Antibiotika, wie sie derzeit dringend gebraucht werden – die effektivsten unter ihnen könnten schon in einigen Jahren in den Handel kommen.

Bakterien mit neuen Substraten

Schon heute produzieren bestimmte genmanipulierte Bakterien zum Beispiel Insulin und auch viele andere wichtige Stoffe für Chemie, Nahrungsmittelproduktion und Gesundheit. Doch dafür benötigen die Mikroorganismen Zucker, der besser den Menschen als Nahrung zur Verfügung stehen sollte – Zuckerknappheit ist auf den Weltmärkten immer wieder ein Thema. Trygve Brautaset von der Forschungsorganisation SINTEF im norwegischen Trondheim arbeitet daher an Bakterien, die statt Zucker Methanol verstoffwechseln können. Auch er hat keine neue Erfindung gemacht, der Stoffwechselweg existierte bereits in der Natur. Seine Leistung ist es, ihn in die Erbinformation der gewünschten Bakterien einzubauen: Er analysiert deren DNA, verändert sie und bringt sie zurück in die Zelle. Dann testet er systematisch, ob die Bakterien ihre neue Aufgabe auch tatsächlich erfüllen.

XNA als neue Erbinformation

DNA verändern heißt auch in Trondheim: Gene verändern. Philipp Holliger von der Cambridge University geht aber noch weiter. Er hat eine neue Speicherform für Erbinformation entwickelt: die XNA. Während die DNA ein Rückgrat aus dem Fünffachzucker Desoxyribose besitzt, nutzt die Xenonukleinsäure (XNA) stattdessen Sechsfachzucker, so genannte Hexosen. Dazu hat Hollinger noch einen ganzen Satz von Enzymen entworfen, die DNA in XNA und zurück übersetzen.

Das ist wieder kein völlig neues Konzept: Bis auf das molekulare Gerüst funktionieren die beiden Informationsspeicher identisch. Aber es ist eine große Herausforderung, ein solch komplexes Molekül und die dazugehörigen Proteine zu manipulieren – und es anschließend noch mit der natürlichen DNA interagieren zu lassen.

Sogar ein praktischer Einsatz der XNA ist denkbar. Aptamere, kurze 3D-Strukturen aus DNA, werden beispielsweise genutzt, um Viren zu binden, also unschädlich zu machen. Da XNA stabiler ist als ihr Original, könnte sie als die bessere Alternative zum Einsatz kommen.

Zellteilung in der Protozelle

Schließlich zeigt das Projekt von Petra Schwille am Max Planck Institut für Biochemie in München, dass synthetische Biologie auch ganz pragmatische Gründe haben kann. Schwille untersucht die Zellteilung mit den Augen einer Physikerin: Sie interessiert sich für das Prinzip, nicht für die Details. Unter anderem studiert sie die so genannten MIN-Proteine, die zwischen den beiden Polen einer lebenden Zelle oszillieren. Dadurch markieren sie die Ebene, wo bei der Zellteilung ein kontraktiler Ring die Zelle in zwei Tochterzellen teilt. Schwille hat die MIN-Proteine in eine künstliche Protozelle eingesetzt, wo sie ihr Wirken nun im Detail untersuchen kann – ohne dass die vielen anderen Prozesse, die in natürlichen Zellen ebenfalls ablaufen, dabei stören würden.